Jahresgabe

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Purkpong, Arisa

Es gibt Momente, die sich unerklärlicherweise in meine Erinnerung eingeschrieben haben. Hin und wieder schließe ich die Tür zu ihnen auf. Ich dehne sie aus. So weit, dass sie bis in die Gegenwart reichen. Sie sind mir ein Zuhause. Es sind Momente, die subtil sind. Nicht das, was du erwartest. Sondern ganz alltäglich, ganz banal. Unbedeutend. Eigentlich scheinen sie von keiner großen Wichtigkeit zu sein. Trotzdem habe ich Angst sie zu verlieren. Ich will nicht, dass sie sterben. Beziehungsweise nicht, dass sie vor mir in mir sterben. Weil wenn ich gehe und sie mitkommen, dann ist das in Ordnung – für mich jedenfalls. Ja, ich weiß, nicht für dich. Aber sogar, wenn ich mir die größte Mühe geben würde, könnte ich dir doch das Gefühl, das eine Erinnerung ausmacht, nicht näherbringen. Außerdem frustrieren mich Worte. Und eine Geschichte funktioniert nur, wenn man sie in eine Form presst und sie einer Dramaturgie unterwirft. Aber wenn ich sie kultivieren würde, dann würde ich sie domestizieren. Die Bilder, in ihrer ganzen wilden Komplexität, wären dann einer strukturellen Logik unterworfen. Für dich würde meine Erinnerung statisch werden, denn du wür- dest die täglichen Aktualisierungen, die ich an ihr vornehme, nicht verfolgen. Schlussendlich könntest du sie für Wahrheit halten. Möglicherweise würdest du dich auf sie verlassen. Die an sie gebundene Aussage wäre eine feste Instanz für dich. Das soll sie aber nicht sein. Ich bitte dich zu verinnerlichen, dass Erinnerungen in uns arbeiten. Vergiss nicht, dass sie es tun. Schreibe sie nicht fest – und mit ihnen weder dich noch mich. Auch uns nicht.

Damit meine Erinnerungen aber lebendig bleiben, will ich sie für mich als Kern meiner Intimität mit mir selbst behalten. Du wirst deine eigene, offene Narration entwerfen. Und in ihr werden sich auch die ungreifbaren Schatten meiner Erinnerungen wiederfinden, von denen ich dir nie erzählte. (Ania Kołyszko)